2017 sanken die Gründerzahlen in Deutschland auf einen Tiefpunkt. 14 Prozent weniger als 2016. Gleichzeitig stehen immer mehr Unternehmen zur Übergabe an und die gute Konjunktur treibt die Kaufpreise in die Höhe. Für die Bürgschaftsbanken hieß das: Erstmals verbürgten sie mehr Nachfolger als Gründer.
Neuer Tiefpunkt bei Gründungen
2015 und 2016 war die Zahl der Existenzgründungen leicht gestiegen. Doch 2017 folgte laut KfW-Gründungsmonitor ein Rückgang um 14 Prozent. Bei Gründungen im Nebenerwerb sieht sie sogar einen Einbruch von 24 Prozent. Das Statistische Bundesamt verzeichnete auch Rückgänge, kommt aber zu weniger drastischen Ergebnissen: 0,6 Prozent weniger Gründungen größerer Betriebe, 1,9 Prozent Rückgang bei neu gegründeten Kleinunternehmen und 0,2 Prozent weniger Nebenerwerbsgründungen. Lediglich das Institut für Mittelstandsforschung (IfM) kommt zu leichten Zuwächsen von 3.000 oder 0,8 Prozent mehr Existenzgründungen.
Wegen der guten Konjunktur und leicht rückläufiger Arbeitslosenquote hatte die KfW für 2017 eigentlich einen Anstieg der Gründerzahlen erwartet. Denn der konjunkturelle Sog überwog den Absorptionseffekt des Arbeitsmarkts. Doch das Gegenteil war der Fall. Statt zu steigen, sackte die Zahl der Gründer auf einen neuen Tiefpunkt. Grund dafür könnten die Rekordzahlen bei Beschäftigten und offenen Stellen sein. Potenzielle Gründer hatten 2017 dadurch viele Alternativen.
Mehr Unternehmen suchen immer weniger Übernehmer
Der DIHK stellt in seinem Gründerreport für 2017 fest: Immer weniger Menschen wollen Unternehmer werden. Das gilt sowohl für die, die neu gründen wollen als auch für die, die sich vorstellen können ein Unternehmen zu übernehmen. Gleichzeitig erreichen immer mehr Unternehmer das Rentenalter. In den Beratungen der IHKs stieg die Zahl der Betriebe, bei denen eine Übergabe ansteht, aber die keinen Nachfolger finden, auf einen neuen Höchstwert von rund 45 Prozent. Schon seit 2014 registrieren sie mehr Übergabeinteressierte als potenzielle Nachfolger. Und die Schere geht immer weiter auseinander.
Laut Schätzungen des IfM stehen in den Jahren zwischen 2018 und 2022 rund 150.000 Unternehmen zur Übergabe an. Die meisten davon in Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg. Die ostdeutschen Bundesländer liegen deutlich unter dem Bundesdurchschnitt.
Die KfW geht von wesentlich höheren Zahlen aus: Schon jetzt sind rund 40 Prozent der KMU-Inhaber älter als 55 Jahre. Damit stellt sich in absehbarer Zeit die Nachfolgefrage. Nach ihren Berechnungen ziehen sich allein bis 2022 511.000 Chefs in den Ruhestand zurück. Das heißt: Jeder fünfte Mittelständler ist betroffen. Und auf die zu übergebenden Unternehmen kamen schon 2016 nur 62.000 Übernahmewillige. Da es zu wenig Nachfolger gibt, erwartet die KfW erhebliche Strukturveränderungen im Mittelstand.
Erstmals mehr verbürgte Nachfolger als Gründer
Auch die Bürgschaftsbanken beobachten Veränderungen: Angesichts weniger Existenzgründungen in Deutschland sinkt zwar die Zahl der geförderten Gründer. Aber: Trotz weniger Übernehmern steigt bei ihnen die Nachfrage von Nachfolgern. Seit 2010 nimmt der Anteil an Gründern und Nachfolgern insgesamt zu. 2016 kam die Trendwende: Da unterstützten sie fast genauso viele Übernehmer wie Neugründer. 2017 überstieg die Zahl der Nachfolger dann erstmals die der Existenzgründer. Bereits nach einem Quartal lagen sie vorn. Detaillierte Zahlen gibt es unter Statistik.
- Nachfolgen: 51,4%
- Neugründungen: 48,6%
Erstmals mehr Nachfolgeförderungen
3.139 unterstützte Existenzgründungen aufgeteilt in Neugründungen und Nachfolgen
Am Jahresende standen 1.612 oder 51,4 Prozent der insgesamt 3.139 Bürgschaften und Garantien im Gründungsbereich für Übernahmen. Das waren rund sechs Prozent mehr Nachfolgeförderungen als 2016. Auf Neugründungen entfielen 1.527 beziehungsweise 48,6 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr ein leichter Rückgang um ein Prozent.
Das deckt sich mit Ergebnissen der KfW-Unternehmensbefragung unter den Wirtschaftsverbänden. Demnach ist der Anteil von Unternehmen, die Schwierigkeiten hatten an Kredite zu kommen, 2017 um zwei Prozentpunkte gestiegen. Eine Verschlechterung meldeten mit 29 Prozent vor allem junge Unternehmen. So erklärt sich auch der Anstieg des Volumens von Bürgschaften und Garantien für Gründer um fast 16 Prozent. Mehr Gründer hatten Kreditprobleme und die, die Kredite bekamen, brauchten offenbar mehr Sicherheiten beziehungsweise höhere Beträge.
Die verbürgten Beträge für Nachfolger waren 2016 schon um über 22 Prozent gestiegen. 2017 ging das Volumen dieser Bürgschaften und Garantien um weitere zwei Prozent nach oben. Die gute Konjunktur treibt die Kaufpreise für Unternehmen weiter in die Höhe. Dementsprechend steigen auch die Bürgschafts- und Garantiebeträge für Übernehmer. Das Thema Nachfolge bleibt aufgrund der demographischen Entwicklung eine Herausforderung. Der VDB rechnet damit, dass das Bürgschaftsangebot für dieses Segment weiter an Bedeutung gewinnen wird.